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Live is Life

TTG-Vereinsmeisterschaft: So viele Meister gab es noch nie

Text & Fotos: Detlef Kühn



Darius Dreischmeier (20) strahlt:

Nach dem Sieg über Marcin Trzecinski ist er Meister der TTG 2023

 

 

Erstmals wurden die Meisterschaften der TTG Hamburg-Nord an einem einzigen Wochenende ausgetragen. Und erstmals sogar gleich in vier Wettbewerben: Einzel bei Herren und Damen, Los-Doppel und Ping Pong Parkinson. Das ergab gleich fünf neue Meister: Darius Dreischmeier und Diana Lopez im Einzel, Lasse Stropat und Vincent Böcker im Doppel sowie Heino Martens als erster Titelträger der TTG bei Ping Pong Parkinson.

 


Schon am frühen Samstagmorgen nach Ostern, als das Turnier mit den Einzeln und 45 (!) Teilnehmern startete, wurde deutlich, dass diese Meisterschaften anders werden würden, als alle bisherigen der TTG.  Aus einer massiven, digitalen Wunderbox waberten Disko-Klänge durch die Dreifeld-Halle in Bergstedt: „Live is Life“. Der Hit aus den 80er Jahren sollte beim Wachwerden helfen. Was vor allem bei den Teilnehmern gut funktionierte, die normalerweise nur noch Ü-70 oder Ü-80-Partys besuchen.



Die jüngeren Teilnehmer, derartige Lautstärke offenbar gewöhnt, wirkten anfangs etwas weniger wach, gaben sich an diesem schönen sonnigen Wochenende aber kämpferisch. Und optimistisch. Die Nummer 3 der Setzliste, Jan Rüssmann, Trainer und Organisationschef der TTG: „Ich bin gekommen, um zu gewinnen.“ Lasse Stropat, Sieger beim Vorgabe-Einzel im letzten Jahr: „Ich bin gut drauf. Ich will den Titel verteidigen.“  Daniel Züwers, Nummer 4 der Setzliste und Dortmund-Fan, der seit langem mit seinen Leistungen hadert und dies auf sein hohes Alter (34) zurückführt, dachte nicht an den Titelgewinn: „Ich will gegen Marcin gewinnen. Das ist wie Dortmund gegen Schalke. Alles andere ist Nebensache.“

 



Start zu den drei Einzelwettbewerben mit beachtlichen 45 Teilnehmern

 



Zu Beginn des Turniers gab es hier und da Anlaufschwierigkeiten. Mitfavorit Marcin Trzecinski (Mitte) verschlug leichte Bälle. Simon Linhard (vorn), derzeit als Bundesfreiwilliger bei der TTG Hamburg-Nord, erreichte seine hochgesteckten Ziele nicht. Und links oben

im Hintergrund Ratlosigkeit bei den Organisatoren Klaus Lütjen und Holger Gnoss. Nur die spätere Damen-Siegerin Diana Lopez war sofort voll da - mit beherztem Offensivspiel.

 




Jonas Winkler (18), Erste Herren und Nummer 5 der Setzliste,

schied im Viertelfinale nach großem Kampf gegen Jan Rüssmann aus.

 

Die Organisatoren der Meisterschaft aus der vierten Herrenmannschaft agierten zunächst etwas nervös. Ottmar Helzer, für die Musikauswahl verantwortlich und - mit Mikrofon und sonorer Stimme  - gleichsam der Zeremonienmeister, Holger Gnoss, Frank Hörstemeier und Klaus Lütjen schienen sich nicht immer einig und wirkten anfangs angespannt. Kein Wunder, hatten sie doch ambitionierte Neuerungen geplant, die sich jetzt, Live is Life,  in der Praxis bewähren mussten.

 

Der Plan war: Wettbewerbe an einem ganzen Wochenende, eine eigene Damenkonkurrenz, eine Meisterschaft für Ping Pong Parkinson und ein gemeinsames Essen zum Abschluss. Mit Siegerehrung. Auch einige starke Jugendspieler, die sich noch nicht in den Herrenmannschaften etabliert hatten, durften erstmals mit einer Wildcard mitmischen. Was sie, wie sich zeigen sollte, weidlich ausnutzten. Und beim Herreneinzel, an dem, ganz inklusiv, auch die Damen teilnehmen durften, gab es für die nicht so leistungsstarken Spieler diesmal keine Punktvorgaben. Keine Abstriche am Leistungsgedanken:

Der Bessere sollte auch wirklich gewinnen.

 

 

       

 












Niklas Winkler (16) war wie die anderen vier Jugendlichen voll fokussiert und auf Erfolgskurs. Lasse Stropat (rechts) zeigte der Konkurrenz, dass er bereit war zur Titelverteidigung.

Diesmal wurde es aber statt des Titels im Einzel der im Doppel.


 


Auch Aron Fotouri (15) - hier mit Doppelpartner Ottmar Helzer im Kampf gegen

Jan Rüssmann und Nicole Kalonda - gehörte zur erfolgreichen Garde der Jungen Wilden

 




Die anfängliche Anspannung der Organisatoren ist überwunden:

Klaus Lütjen (links) und Frank Hörstemeier sind wieder zu Scherzen aufgelegt




Holger Gnoss von der veranstaltenden Vierten Herren hatte gehofft, sich nicht für

die K.-o.-Runde zu qualifizieren, um sich ganz auf die Organisation des Turniers

konzentrieren zu können. Vergeblich. Nach der Gruppenphase ist er selbstkritisch:

„Ich habe es nicht geschafft, in meiner Gruppe Dritter zu werden. Bin zu schwach. Körperlich und mental. Mental bin ich der Aufgabe nicht gewachsen.“ Häufiger zum Training

will er trotzdem nicht kommen. „Einmal im Halbjahr reicht.“

 


Gespielt wurde in der großen Bergstedter Halle an neun Platten. In der auch für Damen offenen Einzelmeisterschaft starteten 39 Spieler, am Sonntag im Los-Doppel, bei dem ein starker und ein (etwas) schwächerer Partner zusammengelost werden, dann 18 Zweier-Teams. Der Kreis im Damen-Einzel (4)

war deutlich kleiner. Beim Ping-Pong-Parkinson-Turnier machten sechs Herren und eine Dame mit. Dass Tischtennis ein Sport ist, bei dem es zwischen Jung und Alt keine Grenzen gibt, zeigte sich erneut. Zwischen dem jüngsten Teilnehmer, Vincent Böcker (14), und  dem ältesten, Jochen Koepsell (83), lagen fast 70 Jahre.

 

Live is Life - das kann man auch so verstehen, dass das Leben jeweils gerade so ist, wie es gerade ist. Und das ist leider nicht immer gut. Das weiß jeder, der unter Parkinson leidet. Und beim Tischtennis neue Kräfte tankt. Auch Amin Mohammadi und Valerii Doroschenko kennen die Wechselfälle des Lebens zur Genüge. Der eine floh vor dem Terrorregime im Iran, der anderer vor dem Krieg in der Ukraine.


 

 

 

Vereinsvorstand Stefan Merse konnte nicht mitspielen, gab sich aber optimistisch:

Nach Lebensmittelvergiftung und falscher Krankenhausbehandlung im Auslandsurlaub, Thrombose inklusive, soll es jetzt wieder aufwärts gehen.

 




Claus-Joachim Dickow, nach ernsthaften Herz-Problemen seit einem halben Jahr endlich wieder beim Tischtennis,  konnte dennoch nicht unbeschwert aufspielen. Am 8. März, war sein Vater im Alter von 86 Jahren gestorben. Nils Dickow, 1952 aus Ost-Berlin geflohen, hatte im Jahr 2000 die Idee zur ersten TTG. Der zwischen Duwo 08 und dem Lemsahler SV. Über viele Jahre war er in der Jugendarbeit engagiert und bis 2022 Mannschaftsbetreuer. Ohne Nils Dickow gäbe es die  TTG Hamburg-Nord nicht.


 



Live is Life. Das zeigte sich - nicht ganz so dramatisch - auch im Einzelwettbewerb. Da erfüllte sich nicht jeder Wunsch. Aber die beiden Favoriten erreichten das Finale. In dem gewann die Nummer 1 der TTG, der noch immer 20 Jahre junge Darius Dreischmeier, der zwecks Berufsausbildung leider nach Süddeutschland auswandern wird, gegen die Nummer 2, Marcin Trzecinski.

 



 Marcin Trzecinski klagte über fehlende Energie und nahm während des Turniers

größere Mengen Traubenzucker zu sich. Im Finale half das nicht mehr.

Favorit Darius Dreischmeier (vorn) setzte sich trotz umkämpfter Sätze mit 3:0 durch.

 

 

Lasse Stropat konnte, nicht ganz unerwartet, seinen Einzeltitel nicht verteidigen.

Er holte sich dafür aber mit Vincent Böcker (14) den Titel im Los-Doppel gegen Friedrich Wagner und Noah Koch (15).

 



Vincent Böcker (links) und Lasse Stropat - voll konzentriert zum Sieg im Doppel

 


Der Siegeszug der Jugend wurde im Spiel um Platz drei komplettiert:

Niklas Winkler (16) siegte mit Diana Lopez  gegen Ottmar Helzer und Aron

Fotouri (15). Vier Jugendliche in den Finalspielen des Doppels. Keine Frage:

Der Einsatz der Jugendtrainer zahlt sich aus.

 

Tolle Inszenierungen gibt es auf allen großen Bühnen dieser Welt. Aber auch

bei der TTG.  Regie führte Ottmar Helzer, regelmäßiger Besucher internationaler Tischtennismeisterschaften: Am Samstag und Sonntag liefen die Teilnehmer der Endspiele und der Spiele um Platz drei und vier aus dem Foyer in die Halle ein, den Ort der Entscheidung. Beflügelt vom Beifall der ausgeschiedenen Konkurrenten und vorangetrieben von einer elektrisierenden Einlaufhymne. Gänsehaut. Fast.

 

 



 



Vincent Böcker (links) und Noah Koch laufen ein zum Finale des Los-Doppels

 

 

Zu den vielen guten Ideen der vierten Herren zählte auch die, sich am Sonntagabend zum Abschluss zu einem Festbankett im Vereinsheim von Duwo 08 zu treffen. Ob Jung, ob Alt, fast alle waren da. Vereinsvorstand Stefan Merse würdigte bei der Siegerehrung die Titelgewinner und fand vor allem für die Parkinson-Spieler freundliche Worte. „Willkommen in der TTG-Familie.“

 

Ende gut, alles gut? Wie ist das, wenn im Clublokal „Jay’s“ für einige die Currywurst mit Pommes erst nach zwei Stunden kommt, nachdem die ersten die Feier bereits verlassen haben? Nicht so schlimm, sagt Doppel-Meister Vincent Böcker. Aufregen, sagt er,  solle man sich nur über die wichtigen Dinge im Leben. Der 14-Jährige handelt („seit ein paar Jahren“) nach dem Motto: „Choose your battles“. Überlege Dir, um was es zu kämpfen lohnt. Klar. Natürlich im nächsten Jahr um die Vereinstitel der TTG. Und die Musik dazu? Von Katy Perry. „Choose Your Battles.“

 

ERGEBNISSE

 

EINZEL FÃœR ALLE

1. Darius Dreischmeier  2. Marcin Trzecinski  3. Jan Rüssmann  4. Daniel Züwers

 

DAMEN

1. Diana Lopez  2. Nicole Kalonda  3. Antje Wäbs   4. Gisela Peters

 

PING PONG PARKINSON

1. Heino Martens  2. Maik Gühmann  3. Andreas Wadle  4. Jochen Koepsell

 

LOS-DOPPEL

1. Lasse Stropat / Vincent Böcker  2. Friedrich Wagner / Noah Koch

3. Niklas Winkler / Diana Lopez  4. Ottmar Helzer / Aron Fotouri

 

TROSTRUNDE EINZEL

1. Sharam Khadem  2. Aron Fotouri  3. Kevin Meyer  4. Holger Fischmann

 

TROSTRUNDE LOS-DOPPEL

1. Claus-Joachim Dickow / Amin Mohammadi  2. Gisela Hoder / Ulf Hasenbring

3. Frank Hörstemeier / Heino Martens  4. Darius Dreischmeier / Gisela Peters

 

 


Choose Your Battles:

Wer unter Parkinson leidet, muss nicht mehr überlegen, gegen wen er kämpft.

Siegerehrung mit Maik Gühmann (links), Gewinner Heino Martens und Andreas Wadle.

Heino Martens und Maik Gühmann hatten jeweis 5:1 Siege und 17:5 Sätze.

Der direkte Vergleich zwischen beiden ging sehr knapp mit 3:2 für Heino Martens aus.

 


POSTSCRIPTUM

Wer sich in diesem Bericht und im TTG-Bilder-Bogen

nicht abgebildet sieht, oder nur klein im Hintergrund,

wird bei nächster Gelegenheit ganz groß

und in voller Schönheit gezeigt

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